PLASTIK PIRATEN

Ergebnisse

Die Ergebnisse von 2016 und 2017

Seit dem Start der Plastikpiraten im Herbst 2016 haben bis heute in vier verschiedenen Probennahme-Zeiträumen mehr als 9.000 Jugendliche an der Aktion teilgenommen, Müll gesammelt, klassifiziert, dokumentiert und ausgewertet. Die Ergebnisse vom Müll am Flussufer aus den Jahren 2016 und 2017 wurden nun in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht.

Insgesamt beteiligten sich Schulen und Organisationen aus allen 16 Bundesländern und erhoben an mehr als 500 Standorten Daten zur lokalen Müllverschmutzung. So leisteten sie einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Flüsse und Weltmeere. Die meisten teilnehmenden Gruppen erforschten dabei den Rhein mit seinen Nebenflüssen, gefolgt vom Flusssystem Elbe, Weser, und Donau. Aber auch kleinere Fließgewässer wie die Ems und die Schwentine wurden von den Plastikpiraten unter die Lupe genommen.

Im Folgenden findet sich eine Auswertung der Ergebnisse der Jahre 2016 und 2017. Die Ergebnisse aus 2018 werden gerade von der Kieler Forschungswerkstatt überprüft und analysiert.

Müllmengen und Zusammensetzung des Mülls am Flussufer

Zur Auswertung des Mülls am Ufer in den Jahren 2016 und 2017 wurden Daten von 179 Standorten berücksichtigt. Insgesamt identifizierten die Plastikpiraten 5.955 Müllteile auf 11.028 Quadratmetern Uferfläche. Im Schnitt also 0,54 Müllteile pro Quadratmeter. Umgerechnet bedeutet das: In einem Klassenzimmer mit einer Größe von 50 Quadratmetern würde man 27 Müllteile finden. Zwischen den beiden bisher analysierten Probennahme-Zeiträumen gab es nur einen kleinen Unterschied: im Herbst 2016 wurden 0,56 Müllteile pro Quadratmeter gefunden, im Frühjahr 2017 waren es 0,52 Müllteile pro Quadratmeter. Zwischen den Flusssystemen allerdings gab es Unterschiede: an Donau und Rhein gab es mehr Müll, an der Weser und Flüssen, die in die Ostsee münden wurde weniger Müll gefunden. Auch an größeren Flüssen (mit mehr als 10 Metern Breite) fand sich mehr Müll am Flussufer als an kleineren Bächen.

Tabelle 1: Müllfunde pro Quadratmeter Uferfläche in den verschiedenen Flusssystemen.

Muellfunde pro m2 Uferflaeche

Der meiste Müll, der von den Jugendlichen gefunden wurde, bestand aus Plastik (31%), gefolgt von Zigarettenkippen (20%). Glas, Papier, Metall und andere Gegenstände, wie z.B. Essensreste, wurden weniger häufig gefunden. Dabei gab es nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden Jahren und zwischen Flusssystemen: immer waren es Objekte aus Plastik und Zigarettenkippen, die zu den häufigsten Funden gehörten.

 

Muellfunde  Prozent

 

Müllansammlungen und Funde gefährlichen Materials am Flussufer

Müllansammlungen, also Anhäufungen von mehreren Müllteilen, wurden von 83% der 66 Gruppen erfasst, von denen Daten analysiert wurden. Diese Müllansammlungen bestanden hauptsächlich aus Verpackungsmaterial, Zigarettenkippen, oder Überresten vom Picknicken oder Grillen (z.B. Plastikbesteck oder Grillkohle). Insgesamt wurden 638 Müllansammlungen identifiziert, das sind im Durchschnitt 1,5 Müllansammlungen pro 1.000 Quadratmeter Uferfläche.

Muellansammlungen
Müllansammlungen an Flussufern. Links: Anhäufung von Zigarettenkippen, eine der am häufigsten gefundenen Müllansammlungen (gefunden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Realschule Maria Stern Nördlingen). Rechts: Große Müllansammlung bestehend aus Einweg-Plastikartikeln, Flaschen und einer Aluminiumschale (fotografiert von Jugendlichen des Humboldt-Gymnasiums Eichwalde).

Die Jugendlichen hielten zudem Ausschau nach Material, das auch uns Menschen gefährlich werden kann, wie z.B. Glasscherben, scharfen Metallgegenständen, benutzten Hygieneartikeln oder Chemikalien. Dazu wurden Daten von 320 Standorten ausgewertet. Ganze 89 Prozent dieser Gruppen fanden gefährliches Material auf ihrer Jagd nach Müll. Am häufigsten wurden dabei Glasscherben (an mehr als 70% der Standorte) gefunden, gefolgt von scharfen Metallgegenständen und benutzten Hygieneartikeln. Weniger häufig, aber dennoch an mehr als einem Fünftel der Standorte, fanden sich verrottete Essensreste und Chemikalien.

Anteil gefährliches Material

 

Treibender Müll und Mikroplastik im Fluss

Daten von 230 Standorten wurden analysiert um größere Müllteile, die im Fluss schwammen zu identifizieren. Insgesamt wurden 538 Teile – größtenteils aus Plastik – gefunden, die normalerweise nicht in saubere Fließgewässer gehören. Unter Berücksichtigung der Beobachtungszeit trieben im Durchschnitt etwa 3 Müllteile in der Stunde vorbei. Was zunächst nicht nach viel Müll klingt, kann tatsächlich allerdings nur als Mindestmaß betrachtet werden: Besonders große und breite Flüsse konnten durch die Schul- und Jugendgruppen nicht vollständig überblickt werden. Und auch gestauter Müll an Ästen von Bäumen oder an Stauwerken bleibt hier beispielsweise außer Betracht.

Muell im Fluss
Größere Müllteile im Fluss. Links: Treibender Müll, größtenteils aus Plastik, der sich an einem Wehr festgesetzt hat (dokumentiert von Schülerinnen und Schülern des Max-Delbrück Gymnasiums Berlin). Rechts: Zwei Schwäne fressen an einer Plastiktüte, die Brotreste enthält (fotografiert von Jugendlichen der Ernst-Reuter-Schule Frankfurt am Main).

Zur Ermittlung der Menge an Mikroplastik im Fluss wurden bisher 140 von etwa 170 Proben ausgewertet. Zwei Drittel dieser Proben enthielten Mikroplastik. Oft fanden sich nur wenige Bruchstücke größerer Plastikobjekte oder Pellets. Das klingt erst einmal nach nicht sehr viel. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass von den Plastikpiraten nur Mikroplastik gefangen werden konnte, das größer als 1 mm ist. Viel Mikroplastik ist jedoch noch kleiner und ging somit durch‘s Netz. Einige wenige Proben enthielten jedoch über 100 Mikroplastikteile, wie z.B. eine Probe aus der Laucha, die zum Flusssystem Elbe gehört. Hier fanden Schülerinnen und Schüler viele Dutzende Pellets, die aus Polypropylen bestehen (was z.B. als Verpackung oder Gehäusehüllen für Elektrogeräte Verwendung findet).

Mikroplastik
Mikroplastik aus den zugesandten Proben, die an der Kieler Forschungswerkstatt analysiert wurden. Links: Industriepellets mit etwa 3 mm Durchmesser aus Polypropylen aus der Laucha (gesammelt von Jugendlichen der Sekundarschule Schkopau). Rechts: Mikroplastik-Bruchstücke (zwischen 1 und 5 mm groß) aus der Enz, die letztendlich in den Rhein fließt (gefunden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Realschule Bissingen).

 

Müllquellen

Um die Müllquellen auszumachen, berücksichtigten die jungen Forscherinnen und Forscher wofür vorgefundene Gegenstände typischerweise genutzt werden und wo diese am Fluss vorgefunden wurden. Laut den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind es vor allem die Flussbesucher, die den meisten Müll verursachen. Diese wurden an 87% der 261 Standorte, für die Daten berücksichtigt wurden, als wahrscheinliche Müllquelle identifiziert. Das ging aus der großen Anzahl von vorgefundenen Lebensmittelverpackungen, Zigaretten und Überresten vom Picknicken und Grillen hervor (z.B. Plastikbesteck, Plastiktüten, zurückgelassene Grills und Grillkohle). Anwohner wurden an 38% der Standorte als wahrscheinliche Quelle identifiziert, gefolgt vom Fluss selbst, der treibenden Müll wieder ans Ufer schwemmt. Weniger wahrscheinliche Müllquellen an den untersuchten Uferflächen sind Menschen, die illegal Müll abladen, der Schiffs- und Bootverkehr, und Industriequellen. Zum Teil trägt die Industrie jedoch stark zur Verschmutzung durch Mikroplastik teil; bei dieser Untersuchung wurden bisher nur größere Müllobjekte berücksichtigt.

Fazit und Ausblick

Die Forschungsarbeit der Plastikpiraten zeigt, dass etwa ein Drittel des am Flussufer vorgefundenen Mülls aus Plastik besteht und somit, aufgrund der langen Zersetzungszeit, auch die Meere gefährdet. Dass der vorgefundene Müll nicht nur ein Umweltproblem ist, sondern auch uns Menschen beeinträchtigt, zeigen die Funde gefährlicher Materialien, die an fast jedem Flussufer entdeckt wurden. Immer wieder haben einzelne Gruppen jedoch auch gar keinen Müll vorfinden können und waren darüber manchmal enttäuscht. Doch das ist selbstverständlich das beste Ergebnis!

Als Hauptmüllquelle wurden Flussbesucher identifiziert. Daher ist es wichtig für genügend Abfallbehälter an viel besuchten Flussufern zu sorgen, aber auch ein Umdenken im Konsumverhalten anzuregen: weniger Plastik zu kaufen bedeutet auch, dass weniger Plastik in der Umwelt landet. Einen ersten Schritt in diese Richtung macht die neue EU-Richtlinie zum Verbot bestimmter Einweg-Plastikartikel, die zum Teil auch an deutschen Flussufern gefunden wurden (z.B. Einweg-Plastikbesteck).

hinterlassener Muell
Von Flussbesuchern hinterlassener Müll. Links: Plastikbesteck und Feuchttücher (gefunden von Jugendlichen des Gymnasium Fabritianum Krefeld). Rechts: Grillstelle mit Kohle, Zigarettenkippen, Plastikdeckeln und einer Kartonverpackung für Bier (entdeckt von Schülerinnen und Schülern der Städtischen Gesamtschule Lippstadt).

Insgesamt war auch die Teilnehmerzahl beeindruckend: Bisher nahmen über 9000 Jugendliche an der Aktion teil und haben so einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Verschmutzung deutscher Fließgewässer geleistet. Ohne die Hilfe der jungen Forscherinnen und Forscher wäre diese Untersuchung nicht möglich gewesen, denn ein kleines Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hätte Jahre dafür gebraucht, Daten an so vielen unterschiedlichen Orten zu erheben.

Die Kieler Forschungswerkstatt arbeitet weiterhin zusammen mit den Científicos de la Basura (den „Müllwissenschaftlern“) der chilenischen Universität Católica del Norte an der Auswertung der Daten zur Mikroplastik-Verschmutzung.

Haben Sie Fragen zur Datenauswertung? Dann schreiben Sie Tim Kießling von der Kieler Forschungswerkstatt unter plastikpiraten@forschungs-werkstatt.de.

Die wissenschaftliche Studie (publiziert in Environmental Pollution) findet sich hier: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0269749118320608

Alle Ergebnisse in der Übersicht finden Sie hier auch als pdf-Datei:
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